Yamaha 9000 Pro: Kein Champ!

Habe mir Deinen Testbericht zum 9000 PRO gerade reingezogen. Ja, ich habe so ein Ding und muß leider feststellen, aus der Sicht eines Alleinunterhalters, daß es bis zu einem Champ noch ein weiter Weg für Yamaha ist.

1. Die von Dir gelobten und im Prospekt genannten 120 Stylespeicherplätze sind leider nicht in vollem Umfang zu nutzen, da die Speicherkapazität viel zu klein ist; obwohl heute Speicherplatz und der Preis dafür eigentlich kein Thema mehr sind. Ich spreche da nicht von gigantomanischen Superstyles entsprechender Größe, sondern von ganz normalen Standardfiles, wie sie von Yamaha angeboten werden. Denn nach dem zweiten Speicherversuch solcher normalen Styles kommt schon die Meldung, daß kein Speicher mehr vorhanden sei. Es werden also immer eine große Anzahl Speicherplätze No Data ausweisen.

2. Bei der Speicheraufrüstung des Samplespeichers erlebt man einige Überraschungen. Handelsübliche und heute gängige Simm´s werden kaum erkannt. Nur von Yamaha zu teuer bezogene funktionieren. Und es funktionieren Simms aus etwa 10 Jahre alten Geräten (Computern, Druckern etc.) fast alle einwandfrei. Hier liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei der Sampleeinheit im wesentlichen um die aus dem PSR 1700 handelt, die so ca. vor 10 Jahren erstmals in einem Yamahakeyboard integriert war. Haben wir hier möglicherweise alte Technik zum neuen Preis erworben?

3. Xamaha behauptet, daß alle Einstellungen des sogenannten vorderen Bedienfeldes auf den Registry Memory (RM) abgespeichert werden können. Ja denkst´de! Intro, Start, Multipad, Fill-In lassen sich nicht speichern. Das bedeutet, daß Umschaltungen z.B. bei Fill-In, Multipad und Soundwechsel zwischen vers u. Refrain eines Stückes, also an einer Stelle, nicht auf einen Tastendruck reduzieren lassen. Es muß Fill-In, Multipad und RM gleichzeitig gedrückt werden. Das ist bei vielen Stücken, wo nur eine 1/16- Pause oder manchmal gar keine vorhanden ist, rech kompliziert und bei entsprechendem Tempo überhaupt nicht machbar.Die Folge: Es werden zusätzliche Takte gespielt, die nicht in das Stück gehören. Eine Controlspur, wie sie z.B. bei TECHNICS vorhanden ist, und die alle Schaltvorgänge während des Vortrages ausführt und dafür sorgt, daß die Hände auf der Tastatur bleiben, gibt es nicht. Wäre zwar nach Aussagen von Herrn Dr Jeromin von Yamaha-Deutschland technisch kein Problem, kommt aber trotzdem nicht. Irgendwie auch logisch?!?! Wer würde dann noch so ein Ding wie den MFC 10 brauchen?!?!

4. Mit dem MFC 10 wäre ich bei beim nächsten Punkt. Das Gerät soll ja dafür sorgen, daß die Hände weitestgehend auf dem Manual bleiben und die technische Bedienung von den Füßen übernommen wird; obwohl es mit Controlspur bei Technics schon seit dem KN 1000 viel eleganter geht.Das MFC 10 steht in aller Regel auf der Bühne unter dem Keyboard. Als Bühnenmusiker stehen aber fast alle Keaboarder und Alleinunterhalter. Das MFC 10 ist also nicht einzusehen. Man kann das MFC-10 eigentlich nur ohne Schuhe bedienen um wenigstens annähernd zu fühlen, über welchem Schalter man sich geerade befindet. Tolle Erfindung, dieses Ding! Fred Feuerstein hätte es nicht besser machen können!

5. Ein Mischbetrieb (eine Midispur nutzen bei gleichzeitigem Spiel im Stylemodus) ist bei Yamaha leider nicht möglich. Technics kann das schon seit dem KN 1000. Wozu braucht man das? Jeder kennt z.B. den Titel "Spiel mir eine alte Melodie". Da werden Vers u. Refrain gleichzeitig vorgetragen. Nun bringt es aber kaum jemand fertig, den Vers zu spielen und den Refrain dazu zu singen. Das macht kaum ein Gehirn mit; jedenfalls meines nicht. Bei Technics kann man an einem bestimmten Takt die Sequenzer/Midispur mit der Melodie des Verses laufen lassen und mit der Hand den Refrain spielen und dazu singen. Alles, wie gesagt, im Stylemodus. Ein sehr nützliches Tool, wenn man mehr Stylespieler und weniger Midi-DJ ist.

6. Datenverwaltung (Ladezeiten etc.) sind bei Yamaha so "lahmarschig, daß ich den Eindruck habe, mein ausrangierter Atari war dagegen eine Rakete. Steckt im Yamaha möglicherweise Computertechnik von vorgestern?

7. Fast jede Änderung und Einstellung muß mit SYS.Backup gesichert werden. Ansonsten hat man sich vergebens die Arbeit gemacht und beim nächsten Einschalten sind die Einstellungen nicht mehr da. Selbst billigste Share - u. Freewareprogramme bringen es fertig, sich die letzten Einstellungen vor dem Verlassen selbständig zu merken und beim Verlassen abzusichern, damit diese beim Neustart wieder zur Verfügung stehen. Auch Software betreffent scheint Yamaha

hier solche von vorgestern eingesetzt zu haben.

Fazit:

Die 9000´er haben zweifellos tolle Sounds, brauchbare Styles, (wobei bei den Styles nach meiner Auffassung Solton bessere Arrengements bietet), und viele, viele, vielleicht zu viele Einstellungsmöglichkeiten, die das ganze etwas unübersichtlich erscheinen lassen. Nicht jeder Käufer eines solchen Gerätes ist Vollblutmusiker wie der Tulpenmichel, der sich hauptberuflich nur mit diesem Gerät befaßt.

Tolle Sounds und Styles sind nur ein Charakteristikum für die Beurteilung eines Gerätes. Bedienbarkeit und Spielbarkeit im Liveeinsatz gehören auch dazu. Na und da ist es für Yamaha noch ein weiter Weg, bis zu einem Champ. Musik ist das, was man hört. Musik machen, bedeutet das mit den Händen, Füßen oder dem Mund machen, was man hört. Technische Bedienung eines Gerätes hat mit Musikmachen im eigentlichen Sinne also nichts zu tun. Das sollte in einem modernen Keyboard so gestaltet sein, daß man es wunschgemäß automatisieren und programmieren kann, damit die Hände dort bleiben können, wo die Musik gemacht wird; auf dem Manual.

Ja und diesen Aspekt betreffend hat wohl Technics die Nase weit vor Yamaha. Das erklährt wohl auch die Tatsache, daß 9000´er von Yamaha auf dem Gebrauchtmarkt zu Hauf angeboten werden, während Technics KN 6000 oder KN 6500 eher selten sind (siehe Anzeigenteil Tastenwelt). Nicht ohne Grund legt YAMAHA jetzt eine Festplatte und andere Dinge bei. Da müssen wohl die Verkaufszahlen stagniert haben.

Ein 9000 Pro-Besitzer, der dies als Fehlkauf wertet.

Horst Schlutter


Christian Deinhardt antwortet:

zunächst einmal vielen Dank für Ihre ausführliche Mail. Genau solche Ausführungen wollen wir haben, denn so etwas belebt unsere Internetseite und hebt diese hoffentlich von so manch anderer Seite ab. Wir sind nämlich unabhängig und wollen nicht nur Gutes über die Musikindustrie berichten. Das beweist beispielsweise mein Bericht über den Yamaha EX Synthesizer.

Ich spiele das 9000 Pro selber im Bühneneinsatz und nutze es in verschiedenen Besetzungen.

- Von der klanglichen Qualität bin ich begeistert. Ich habe mich immer dagegen gewehrt, ein Instrument zu kaufen, welches auch eine Begleitautomatik hat. Das 9000er konnte mich aber von dieser Einstellung weg bringen. Für mich eignet sich das Instrument hervorragend für den Einsatz als quasi Synthesizer in meiner 5-Mann-Band (hier brauche ich keine Begleitautomatik) und weiterhin in meinem Trio (hier nutze ich die Begleitautomatik und MIDI-Files)

- MIDI Files werden von mir (als ernsthafter Musiker) zum Teil selbst erstellt. Greife ich auf fertiges Material zurück, bearbeite ich diese Files entweder in Cubase oder Logic. Hierbei werden die Files von mir oftmals bis auf Bass und Schlagzeug abgespeckt, den Rest übernehme ich mit meinen zwei Händen. Der Einsatz dieser Playbacks ist im 9000er geradezu perfekt. Ich kann diese zusammen mit meinen Klangeinstellungen als Performance absichern und auf der Bühne die Einstellung inkl. Song schnell und sicher über die angeschlossene Nummerntastatur abrufen! Hierbei habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Das 9000 Pro hat mich noch nicht durch irgendwelche Abstürze oder Festplattenprobleme im Stich gelassen.

- Für die Playbacks nutze ich zum Teil die XG Sounds, aber auch die Panelsounds. Meiner Meinung nach klingen solche Playbacks wesentlich besser als auf den Technics Keyboards. Ich persönlich habe mich noch nie mit dem Sound von Technics anfreunden können. Damit will ich lediglich sagen, dass in diesem Bereich der persönliche Geschmack ausschlaggebend ist !

- Zum Schluss haben Sie noch geschrieben, dass Yamaha wohl durch die Zugabe von Festplatte und Software die Verkäufe ankurbeln will. Das ist sicherlich richtig! Ich würde das aber eher als gängige Praxis bezeichnen. Das machen alle Hersteller. Technics z.B. mit KN-3000 zu 3500 und KN6000 zu 6500 (hier hatte sich ja auch kaum etwas geändert), oder Korg mit 01/w zu 01/w MF, oder Roland mit G800 zu G1000 (auch das war kein sonderlich gosser Sprung usw. Jetzt möchte ich noch gerne auf die verschiedenen Kritikpunkte eingehen und zwar aus Sicht eines Anwenders (in diesem Fall natürlich ich):

1) Für mein Einsatzgebiet stört es nicht, dass ich nicht alle 120 Styleplätze nutzen kann. Ich habe diese Plätze mit einigen Styles gefüllt (zuvor natürlich vorhandenes gelöscht). Zusammen mit den internen Styles mehr als genug. Man muss auch unterscheiden. Bei diesen Plätzen wird RAM eingesetzt, welches sein Gedächtnis nach dem Ausschalten nicht verliert (FLASH RAM). Dieser Speicher ist teurer als normaler Speicher.

2) Im 9000 Pro kann kein Speicher der neuen Generation genutzt werden. Das ist richtig, man benötigt den etwas in die Tage gekommenen SIMM Speicher. Ich habe das auch in meinem Bericht als Kritik gewertet, dass Yamaha einen geradezu unverschämten Preis für diesen Speicher verlangt ! Ehrlich gesagt weiss ich auch nicht, warum die Musikindustrie hier der Computerindustrie immer hinterherhinkt! Bei anderen Geräten ist das leider auch so ob die nun von Yamaha, Kurzweil, Roland oder Akai sind. Für einen Sampler aus dem Hause Roland musste ich beispielsweise Unsummen für Speicher auf den Tisch blättern, da hier nur die Rolandeigenen Speichererweiterungen funktionierten. Den Speicher für mein 9000 pro bekam ich zum Nulltarif. Ein Freund von mir hatte noch solchen Speicher rumliegen, welcher einmal in einem Pentium 200 MMX seinen Dienst verrichtete! Kauft man diesen Speicher nicht von Yamaha, sondern über einen Computerhändler oder gar bei einer Gebrauchtbörse, bekommet man diesen wesentlich günstiger. Aber in einem haben Sie natürlich recht!! Yamaha hat den Preis für den Speicher sinnlos überzogen und Leute, die sich hier nicht zu helfen wissen und diesen Speicher kaufen müssen, müssen in einen sehr sauren Apfel beissen.

3) Das ist sicherlich korrekt ! Man hat wirklich alle Hände voll zu tun, wenn man Fills / Intros / Endings / Multi Pads einsetzen will. Aber zum Teil liegt das auch in der Sache selbst. Ich denke da nur an die vielen guten Keyboardspieler und Organisten wie z.B. Peter Baartmanns oder George Fleury welche nicht nur mit Ihren Findern über die Tasten geflogen sind, sondern auch über die Bedienelemente. Ehrlich gesagt bin ich etwas unsicher wegen der beschriebenen Controller Spur des Technics. Was meinen Sie hier genau?? Funktioniert das nicht nur im Sequenzerbetrieb ?? Mit dem MFC10 gebe ich Ihnen in jedem Fall in einem Punkt recht. Yamaha lässt sich diesen Luxus wirklich teuer bezahlen !

4) Auch das ist wohl ein grundsätzliches Problem ! Yamaha kann sicherlich nichts dafür, dass einige Musiker beim Spielen stehen. Ich kann hier nur mal wieder meine Erfahrung nennen. Ich sitze beim Spielen und habe nie etwas anderes getan. Kommt wohl aus meiner Orgel-Zeit. Gelernt habe ich Orgel und Klavier und somit auch das Spielen mit Basspedal. Hier gibt es keine Alternative. Da muss man sitzen. Ich habe sogar Problem im Stehen meine Pedale für Sustain und Lautstärke zu bedienen. Da ich diese gleichzeitig nutze (rechter Fuss steht z.B. immer auf dem Lautstärkepedal. Auch eine Altlast meiner Orgelzeit) würde die Betätigung des Sustainpedals zwangsläufug dazu führen, dass ich auf die Nase falle!

5) Ein solcher Titel ist sicherlich die Ausnahme. Ich würde diesen mit dem Sequenzer spielen. Aber ich geben Ihnen natürlich recht. Hier hat Technics sicherlich die Nase vorne!

6) Die Ladezeiten sind wirklich nicht die schnellsten, stimmt ! Ist aber bei vielen anderen Musikinstrumenten auch so ! Liegt wohl daran (hat mir mal ein Techniker bei Yamaha erklärt), dass der Prozessor in einem solchen Instrument diese Aufgaben mit übernehmen muss und dieser wiederum bereits durch die Tonerzeugung unter Volllast fährt ! Ein separater Prozessor für Dateifunktionen würde hier Abhilfe schaffen, aber da wird dann leider gespart ! Ich kann mich übrigens noch an die ersten Technics KN6000 erinnern. Hier war der Prozessor dermassen überlastet, dass Akkordwechsel zu spät kamen und plötzlich irgendwelche Stimmen weggelassen wurden. Technics hatte dieses Problem durch ein Betriebssystemupdate zum Glück einigermassen in den Griff bekommen.

7) Sys Backup nutzt man dann, wenn man etwas ins Flash schreiben will. Ehrlich gesagt stört mich hier nichts! In Gegenteil! Ich bin froh, dass so viele Einstellungen speicherbar sind!

Abschliessend möchte ich noch kurz sagen, dass kein Instrument perfekt ist. Das wird es nie geben, da die Anforderungen der einzelnen Musiker doch zu unterschiedlich sind! Ich bin überzeugt, würde man ein Technics, Solton, Roland oder Korg Keyboard von verschiedenen Musikern unter die Lupe nehmen lassen, würden genauso lange Mängellisten entstehen, wie die Ihre über das 9000 Pro. Viele Dinge bemerkt man natürlich erst dann, wenn man ein Instrument im Einsatz hat und leider nicht schon im Laden, vor dem Kauf ! ich habe aus diesem Grund beispielsweise mein Roland G-1000 verkauft (siehe oben, die Klanqualität hat mich enttäuscht) oder den Yamaha EX 5. Das 9000 Pro werde ich aber gerne behalten, da es für meine Anforderungen das perfekte Instrument ist, welches sicherlich auch Schwächen hat, aber welches Instrument hat diese nicht


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