Masterbänder lagern, aber wie?

Masterbänder lagern, aber wie?

Die Frage nach der besten und sichersten Art Mastertapes aufzubewahren wird immer aktueller. Da heute die Aufzeichnungsmethoden und -Formate in einem noch nie dagewesenen Rhythmus wechseln, und über die Haltbarkeit diverser Medien die wildesten Gerüchte verbreitet werden, ist die Verunsicherung gross.

Laut einer Umfrage unter den prominentesten Audio-Gurus der USA gehen die Ansichten weit auseinander.

Analog immer noch das beste?

Die beste Art der Speicherung seien nach wie vor analoge Bänder, da diese bei richtiger Lagerung die Aufzeichnungen während mindestens 50 Jahren verlustfrei speichern. Doch muss man in einem professionellen Format speichern, also Schnürsenkel, 2-Spur, 38 cm/sec (= 15 inch/sec).

Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Tonbandgeräte auch in 50 Jahren noch vorhanden sein würden, scheine gross, meinte ein Sprecher der Recording Academy.

Doch diese Ansicht teilen nicht alle: Es sei ein Witz, in der heutigen digitalen Zeit all die Nachteile einer analogen Aufzeichnung in Kauf zu nehmen. Die einzig richtige Art sei die digitale Speicherung in der bestmöglichen Qualität (zur Zeit offiziell 24-bit, 96 kHz), und dazu seien DVD-Rs geradezu geschaffen – nur weiss man noch nicht allzuviel über die möglichen Probleme bei der DVD-R-Lagerung, die doch einiges empfindlicher sein sollen als CD-Rs.

Achtung DAT!

Gewarnt wird allgemein vor digitalen Bandaufzeichnungen: Weder DAT-Kassetten noch die weitverbreiteten VHS- resp. Hi8-Kassetten der unzähligen Adat- und Tascamgeräte bieten eine gute Langzeitlagerung! Diese Warnung dürfte auch für all die Camcorder Kassetten (vor allem Digital8 und DV) gelten, die täglich zu Tausenden verwendet werden.

Wer seine Mastertapes im DAT-Format lagert, sollte unbedingt von jedem DAT eine Audio-CD brennen. Da dies jedoch eine Samplingrate Conversion erfordert (DAT sind normalerweise mit48 kHz Samplingrate aufgezeichnet, CD mit 44,1 kHz), sollte auf eine qualitativ gute Wandlung geachtet werden.

Natürlich kann man seine Aufnahmen auch als AIFF- (Mac) oder WAV-Files (PC) auf einer Daten-CD "verewigen" (vor allem, wenn es sich um z.B. 24-bit, 96 kHz Aufnahmen handelt) und dann einfach hoffen, dass in 50 Jahren Computer diese CDs noch lesen und dieses Format erkennen können.

Mehrere Audiospezialisten meinen, dass vor allem die Plattenfirmen, die ja wissen, dass mit "alten" Aufnahmen oft nach einigen Jahren nochmals tüchtig Geld zu verdienen ist, unbedingt sowohl analoge als auch in sämtlichen Formaten digitale Sicherungskopien anlegen sollten.

Die AES (Audio Engineering Society hat diesen Dezember an ihrer 111. Convention in New York einen neuen Standard veröffentlicht. Der AES31 Standard für Netzwerke und Audio Files Übertragungen soll zumindest das Verschieben von digitalen Audiodaten und die Spezifikationen dieser Daten regeln. Doch der AES31 Standard wurde für die Audio-Industrie geschaffen, für den Homerecorder gelten (zumindest vorderhand) noch simplere Regeln.

Persönliche Gedanken

Ich werde auf alle Fälle von meinen diversen DAT-Mastertapes nächstens zwei Sicherheitskopien anfertigen; einerseits je eine (verlustfreie) Daten-CD 16-bit/48kHz im Aiff-Format und anderseits eine Audio-CD. Dies bedingt allerdings einen Computer mit einer grossen Festplatte und einer guten Audio-Karte, die über einen Digitaleingang verfügt.

Wer keinen Zugang zu einem entsprechend ausgerüsteten Computer hat, der sollte zumindest eine Audio-CD anfertigen. Am einfachsten geht dies direkt vom DAT-Gerät auf einen Musik-CD-Recorder. Das bedingt zwar spezielle und etwas teurere Musik-CDs (ausser bei professionellen Modellen), erspart jedoch den mühsamen (und je nach Audiokarte verlustreichen) Weg über die Festplatte.

Und im weiteren bin ich froh, dass ich im ersten Digitalrausch mein 2-Spur Tonbandgerät nicht verscherbelt habe und die Originalbänder immer noch besitze.

Ein Tipp: Oft ist der Qualitätsverlust durch eine Samplingrate-Wandlung grösser als beim analogen Weg, d.h. es kann je nach Geräten ratsam sein, die zweifache Wandlung in Kauf zu nehmen und die analogen Ausgänge des DAT-Geräts mit den analogen Eingängen des CD-Brenners oder gar Computers zu verbinden. Dies ist nur ein Tipp für Heimstudios und gilt (normalerweise) nicht für professionelle Geräte.

Und noch ein Tipp: Versuchen Sie nicht beim Kopieren (wenn man schon gerade dabei ist!) Änderungen vorzunehmen: Weder EQ noch Entrauscher, weder Compressoren noch Expander sollten zum Einsatz kommen. Einzig dolbysierte analoge Aufnahmen sollten durch den Dolby Expander "normalisiert" und dann erst digitalisiert werden. Das gleiche gilt natürlich auch für dbx-codierte Aufnahmen. Doch im allgemeinen gilt: Sicherungskopien soll man 1:1 erstellen. "Verbesserungen" können dann später immer noch und in aller Ruhe gemacht werden, rückgängig machen lassen sie sich nicht mehr.

Christian Hunziker

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