Realitätsverlust

(Was mir nach dem Besuch der NAB so durch den Kopf ging)

Als der "Quecksilber-Mann" im "Terminator" auftauchte, war (nicht nur) ich von den Trickmöglichkeiten des heutigen Films überrascht und begeistert. Mit einer unglaublichen Rasanz - nicht zuletzt wegen der immer schneller werdenden Computer - schreitet die Entwicklung der Tricks voran. Der Quecksilbermann-Trick kann heute schon mit jedem bessern Heimcomputer und für jedermann erschwinglicher Software nachempfunden werden. Das bedeutet jedoch, dass wir - und das beängstigt mich in zunehmendem Masse - immer schneller immer tiefer in eineThe Mummy: Virtuelle Realität - und die Wirklichkeit? Scheinwelt hineingleiten, die so wirklich aussieht, dass sich unbedarfte Zuschauer problemlos täuschen lassen. Das Spielen mit dem Unwirklichen, resp. das Erschaffen von "neuen Realitäten" macht einerseits Spass, führt jedoch andererseits zu einem (meiner Meinung nach gefährlichen) Realitätsverlust.

Tricks, wie sie im eben in den USA angelaufenen Film "The Mummy" (Bild) oder in "The Matrix" gezeigt werden, wären vor zwei Jahren noch völlig undenkbar gewesen.

Dass Filme das Verhalten der Zuschauer nachhaltig beeinflussen, ist eine Tatsache - anscheinend ist keine Altersklasse davon ausgenommen, jüngere männliche Menschen jedoch am stärksten davon betroffen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie sogar als eher temperamentlos bezeichnete Schweizer nach einem Actionfilm mit vielen Autojagden anschliessend mit aufheulenden Motoren und Zwischengas beim Schalten nachhause fahren.

Und nun wird uns in einer immer perfekter wirkenden, virtuellen Welt auf Leinwand und am Bildschirm ein "Leben" vorgestellt, das mit der RealiNinja Kämpfer: Entbehrt jeder Realität, spiegelt jedoch Wirklichkeit vortät ausserhalb des Kinos, des Fernseh- oder des Computer Bildschirms kaum mehr etwas zu tun hat, eine Welt, in der das Abschlachten von "bösen Kreaturen" und "Mitmenschen, die sich uns in den Weg stellen" (also unsere Selbstverwirklichung behindern) eine immer wesentlichere Rolle spielt, was bei vielen Leuten zusehends zu einem Verlust der Realitätsbeurteilung führt.

Nein, ich will hier nichts und niemanden verteufeln oder für die zunehmende Aggression verantwortlich machen, da sind die Ursachen viel zu komplex und zusätzlich spielen auch individuelle Erlebnisse eine grosse Rolle. Aber der allgemeine Realitätsverlust sowie die "Verschiebung" unserer moralischen und ethischen Werte, die durch die Unterhaltungsindustrie und unsere "Unterhaltungswut" gefördert werden, werden uns noch viele Probleme bereiten; davon bin ich überzeugt. Und hier in den USA sind die Zeichen dafür noch viel klarer sichtbar (wenn man sie sehen will).

Christian Hunziker

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