Kommerz

In einem der diversen Magazine zum Thema Musik fiel mir letzthin ein Satz auf, dem ich sogleich innerlich zustimmte.

Auf die Frage, wo das Problem der heutigen Musikindustrie denn liege, meinte Produzent und Mixer Jerry Finn:

"Die grossen Labels werden von Aktionären geleitet und nicht von Leuten, die Musik lieben".

Eigentlich sollte ich nun diesen Artikel beenden und die obige Aussage wirken lassen - doch kann ich es nicht lassen niederzuschreiben, was mir danach durch den Kopf ging. Fragen wie zum Beispiel:

- "Wieso höre ich mir heute LPs und CDs an, die aus den 50er bis 70er Jahren stammen, selten jedoch Produktionen aus den 80er und 90er Jahren, geschweige denn aus dem neuen Jahrhundert?"

- "Wieso sind Aufnahmen z.B. von Elvis oder den Beatles (nun als CDs) immer wieder in den Charts zu finden und gehören nach wie vor zu den Bestsellern?"

- "Wieso können Altrocker wie die Rolling Stones oder Aerosmith auch heute noch Konzerthallen füllen, und zwar z.T. mit den Söhnen und Töchtern ihrer Urfans?"

Doch die Aussage von Jerry Finn trifft ja nicht nur für die Musikindustrie zu, sie gilt ganz allgemein: Die Leute, die mit Begeisterung und persönlicher Überzeugung etwas Neues schufen, werden nach den ersten Erfolgen entweder finanziell abhängig von Geldgebern (das Neue muss ja schliesslich vermarktet, die Firma muss expandiert werden), bleiben kleine "Tüftler" oder gehen sogar völlig unter. Gerade unter den Entwicklern von Musikinstrumenten und –Elektronik gibt es genügend Beispiele: Tom Oberheim, Roger Lynn, die Leute von Sequential Circuits um nur einige zu nennen.

Und in der gesamten Unterhaltungsindustrie geht es eigentlich nicht mehr um die begeisternde Unterhaltung anderer, sondern um deren Geld: Gut ist nur, was rentiert. Filmproduzenten müssen den Aktionären tiefschwarze Zahlen vorweisen können, um weitere Produktionen machen zu können. Sogar Stars werden gnadenlos fallen gelassen, wenn sie nicht die erwarteten Erfolgszahlen liefern.

Ich vergesse eben immer wieder, dass Musik heute eine Industrie ist, wie die Autoindustrie (nicht das beste Fahrzeug ist das erfolgreichste, sondern das protzigste mit der besten Werbung) oder die Getränkeindustrie, die ja bekanntlich eng verknüpft ist mit der Musikindustrie.

Nein, sie war nicht immer gut, die "alte Zeit", aber wenn wir Musik machten (und wir machten VIEL Musik!), taten wir dies aus Spass und Freude, und daneben hatten wir den Plausch, wenn uns andere Leute gerne zuhörten.

Christian Hunziker

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