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Band-in-a-Box 2012 for Macintosh

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Mein letzter Testbericht von Band-in-a-Box ist schon einige Jahre her und bezieht sich auf die Version 12 for Macintosh. Das ist verwirrend, da die momentan aktuelle Version 2012 for Macintosh heisst und nur noch auf Macs mit Intelprozessor lauffähig ist.

Und auch wenn vieles noch genau so funktioniert wie bei der Version 12 (vor rund vier Jahren), so hat sich doch auch vieles verändert.

In irgendeinem Blog beschwert sich der Schreiber, dass Band-in-a-Box viel zu kompliziert sei und er deshalb unbedingt Garage Band empfehle. Dieser Vergleich ist absolut grotesk, da sich beide Softwareprogramme zwar mit Musik befassen, jedoch völlig unterschiedliche Konzepte abdecken.

Was ist Band-in-a-Box?

BiaB ist eine vielseitige Musiksoftware, die von jedem Benützer anders charakterisiert wird, da die Gewichtung der einzelnen Möglichkeiten unterschiedlicher nicht ausfallen könnte.

Für mich ist BiaB in erster Linie die ideale Begleitband, mit der ich in jeder beliebigen Geschwindigkeit Stücke lernen, meine Improvisationskünste erweitern und meine Instrumententechnik verbessern kann, ohne Mitmusiker zu langweilen oder gar zu zermürben. BiaB ist stets für mich da, spielt mit mir 10 Minuten oder 2 Stunden lang das gleiche Stück - oder übt mit mir einen ganzen Konzertauftritt. Und das tolle daran ist, dass (ausser ich will es) BiaB die Begleitung jedesmal variert, gleich wie meine Mitmusiker. Nur im Tempo bleibt BiaB konstant - was bei meinen lieben Kollegen nicht immer der Fall ist.

Doch das ist nur eine der vielen Möglichkeiten, die BiaB bietet. Wenn ich für eine Videoproduktion eine Copyright freie Hintergrundmusik benötige, kann ich mit BiaB verschiedene Rhythmen in verschiedenen Tempi ausprobieren, kann ohne grossen Aufwand mit unterschiedlichsten Orchestrierungen spielen und mir sogar komplette Kompositionen erstellen lassen. Ehrlich gesagt konnte ich zwar noch nie eine von BiaB generierte Melodie telquel verwenden, doch mit einem Ideenvorschlag lässt sich gut weiterarbeiten.

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Die automatischen Hilfetexte sind eine enorme Erleichterung

 

 

Und ab und zu fällt es mir schwer, aus einem Musikstück, das ich nur als MP3-Version besitze, die korrekten Harmonien zu extrahieren. Auch hier hilft mir BiaB - zwar ist die Trefferquote nicht umwerfend, doch hängt das Resultat natürlich wesentlich von der Aufnahme, der Musikart und der MP3 Qualität ab. Und es hilft, wenn man mit einem MP3 Editor (z.B. MP3 Trimmer) einen einzigen Chorus rausschneiden und nur diesen analysieren kann.

Was ist neu?

Auf MusicFarm findet man bereits drei Artikel über BiaB, da es eines der wenigen Softwareprogramme ist, das - ich wage mal zu schätzen - bereits seit 20 Jahren existiert, zuerst nur für den PC (unter Windows), dann, immer wieder mit Verspätung auch für den Mac umgesetzt. Seit der Mac nun auch mit Intelprozessoren ausgestattet wurde, scheint die jeweilige Umsetzung wesentlich einfacher geworden zu sein. Nach wie vor ist BiaB jedoch ein PC-Programm und hat bis heute nicht das elegante, leicht überschaubare GUI der echten Mac Programme erhalten.

 

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Wirkt vor allem für Neueinsteiger unübersichtlich und überladen: Die nur leicht überarbeitete Arbeitsoberfläche von BiaB

 

BiaB ist immer noch ein "Einfenster"-Programm, was an und für sich sehr gut ist, wären die Möglichkeiten nicht dermassen vielfältig. Selbstverständlich öffnen sich je nach Funktion zusätzliche Fenster, in denen man seine Auswahl trifft, doch auch die wurden im Laufe der Zeit immer grösser und mit mehr Text vollgestopft.

Der grösste visuelle Unterschied zu meiner letzten Testversion ist wohl, dass es im Hauptfenster viele (zu viele) kleine, meist farbige Icons hat, mit denen man Funktionen (de-)aktivieren kann. Viele dieser Bildchen sind relativ aussagekräftig, doch schätze ich die erklärende Hilfefunktion enorm, die mir, wenn ich mit dem Mauszeiger auf einem Icon verweile, eine kurze Funktionsbeschreibung gibt, oder mir sagt, was ich machen kann/muss, falls ... das immer noch beinahe 300seitige gedruckte Handbuch liegt jedoch immer noch griffbereit, vor allem, wenn ich etwas Neues versuchen will.

 

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Sollten (wie z.B. in Photoshop) in einem separaten «Werkzeugfenster» abgelegt sein: Einige der vielen Icons, die meistens kleinere Unterfenster öffnen und zu neuen Funktionen führen

 

Doch der grösste hörbare Unterschied sind die RealTracks. In meiner letzten Version wurden die Sounds entweder von der Soundkarte/Quicktime abgerufen oder via MIDI in Klangerzeugern produziert. Mit den neuen, schnelleren Prozessoren und vor allem auch den riesigen Massenspeichern ergab sich auch für BiaB die Möglichkeit, Audiosamples zu integrieren. Und zwar nicht irgendwelche 08/15 Audiosamples, sondern von namhaften Musikern eingespielte Kurzsequenzen. Wechselt man von "MIDI" zu RealTrack und RealDrums, wird ein ganz neuen Klangerlebnis erzeugt.

RealTrack, RealDrums, Freeze und Loops

Das Abspielen von Audioloops anstelle von MIDI Daten benötigt nicht nur einen schnelleren Rechner, sondern auch eine etwas längere Wartezeit, bis BiaB den Song neu generiert hat und spielbereit ist. Normalerweise wird jedes mal eine neue Version generiert. Damit dies nicht geschieht (sei es, weil man die Wartezeit streichen will, oder weil ein eben generiertes Solo besonders gut passt), kann man die Freeze Funktion aktivieren. Ein "eingefrorener" Song klingt jedes mal genau gleich, auch auf einem anderen Rechner (benötigt BiaB auf diesem Rechner), ist jedoch nicht eine Abmischung im Wav Format, sondern kann wieder "aufgetaut" und danach verändert werden.

Die RealTracks und RealDrums Loops wurden von Studiomusikern eingespielt und klingen mehrheitlich superb.

Neu ist nun, dass man auch eigene Loops verwenden kann, sofern sie im M4A, MPA, AIFF oder WAV Format vorhanden sind. Die neusten Apple Loops (.caf) müssen zuerst konvertiert werden, ältere (.aiff) lassen sich sofort einsetzen.

Einfacher

Mit "simpler" ist in BiaB leider nicht die Bedienung gemeint, sondern eine neue Funktion, die ein einfacheres Arrangement und weniger beladene Styles generieren.

Preispolitik

PG Music hat eine klare, übersichtliche Preispolitik, sowohl für Neueinsteiger als auch für Upgrader. Meine erste Version kostete etwa 60 Franken, kam auf einer Diskette, auf der man 1.44 MB speichern konnte (!). Das Programm selbst ist heute über 20 x grösser, und wird zusammen mit dem "Beigemüse" (RealTracks usw.) z.B. als Megapack auf drei DVDs ausgeliefert, die entpackt rund 13 GB Festplattenspeicherplatz benötigen.

 

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Nicht nur dank dem tiefen Dollarkurs immer noch preiswert: Die Dollarpreise für Neukunden

 

Von der Pro Version für 129 $ bis zur audiophilen Ausgabe, die auf einer USB-Festplatte ausgeliefert wird und mit 669 $ zu Buche schlägt, sind diverse Zwischenvarianten erhältlich. Meine Erfahrungen basieren auf dem Megapack. Alle Informationen dazu findet man hier.

Persönliche Beurteilung

Hier alle Möglichkeiten von BiaB aufzuzählen, ist kaum möglich und auch nicht Zweck und Ziel dieses Kurztests. Nach wie gehört BiaB meiner Meinung nach auf jeden Musiker-Rechner, auch wenn man nur einen Bruchteil der Möglichkeiten ausschöpft.

Über all die Jahre ist Band-in-a-Box stetig gewachsen, hat Schritt gehalten mit den erweiterten Möglichkeiten neuer, schnellerer Rechner, hat jedoch dabei den Musiker nie aus den Augen verloren. Denn wenn man BiaB als Kreativinstrument benützen will, braucht man nach wie vor ein Mindestmass an musikalischen Wissen, z.B. Harmonielehre; als reine Trainingshilfe kann es jedoch auch von musikalischen Anfängern sofort eingesetzt werden.

Band-in-a-Box ist nicht vergleichbar mit Garage Band oder gar Logic, da es völlig andere Bedürfnisse abdeckt. Dass man jedoch eigene Kompositionen, die man mittels Band-in-a-Box-"Unterstützung" geschaffen hat, z.B. in Logic importieren, nachbearbeiten und komplettieren kann, macht den ganzen Kreativvorgang umso spannender.

Schade finde ich, dass PG Music das GUI nicht wesentlich attraktiver umgestaltet hat. Menüleisten und Es ist halt wie ein Buch mit zwar umwerfendem Inhalt, aber in schlecht leserlicher Schrift, ohne Abschnitte und Kapitel: Man braucht anfänglich etwas Überwindung einzutauchen, bis einen die Geschichte - oder in diesem Fall die Software - in Bann zieht.

Christian Hunziker

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