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Yamaha Tyros

Erster Eindruck und Vergleich

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Was ist neu
Wie klingt der Tyros
Bedienung
Zusammenfassung
Yamaha rührt schon seit ein paar Monaten hinter vorgehaltener Hand die Werbetrommel für das neue Flaggschiff der Keyboards mit Begleitautomatik. Das gute Stück hört auf den klangvollen Namen Tyros und soll vom Klang her alles bisher da gewesene weit hinter sich lassen.

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In der heissen Vorankündigungszeit erzählten Yamahaner mit schweissbenetzter Stirn und feuchten Mundwinkeln von diesem Wahnsinnskeyboard und kleine Werbefilme - welche auch ich mir ansehen durfte, schliesslich gehöre ich zu den Auserwählten - erinnerten mehr an die Präsentation des neuen Schumi-Ferraris als an die eines Keyboards, welches sich der Reproduktion von traditioneller und aktueller Unterhaltungsmusik verschrieben hat.

Wollen wir mal sehen was Tyros so alles drauf hat und ob auch so heiss gegessen wie gekocht wird.

Weiterhin konnte ich Tyros auch direkt mit dem PSR-9000 und dem 9000 pro vergleichen. Seien Sie also gespannt.

Was ist neu und was fällt weg

Für die vorangekündigten, bahnbrechenden Klangeigenschaften des Tyros sorgt die sogenannte Mega-Voice-Technologie. Dahinter verbirgt sich ein aufwendiges Multisampling, welches bis zu 128 Sample-Zonen besitzen und sich aus bis zu 128 Dynamik-Levels zusammensetzen kann. Die Mega-Voices wurden besonders in den Bereichen Gitarre, Bass, Drums und Percussion eingesetzt. Yamaha spendierte dem Tyros in diesem Zusammenhang ein 96 MB grosses Sample-ROM und lässt somit die Konkurrenz schon einmal weit hinter sich.

Die vom Vorgänger bekannten Sweet-, Cool-, und Live-Sounds sind auch bei Tyros mit an Bord und somit liegt klar auf der Hand, dass die Mega-Voice-Technologie die Hauptneuerung darstellt. Zu meinen Klangeindrücken kommen wir noch.

Die sonstigen technischen Ausstattungsmerkmale erinnern an die Vorgänger und hier ist nichts Revolutionäres zu erwarten. 128 Stimmen, 1'185 Voices, 300 Styles, XG-Kompatibilität, 61 Tasten sowie eine sehr umfangreiche Effektabteilung sprechen eine zeitgemässe Sprache.

Auf integrierte Lautsprecher wurde beim Tyros verzichtet. Um aber auch diesen Anwenderwunsch zu erfüllen, kann man optional ein spezielles Tyros-Lautsprechersystem erwerben. Dieses besteht aus zwei Satelliten-Boxen, welche schwenkbar auf dem Tyros montiert werden, und einem Sub-Woofer. Ich persönlich finde diese Idee sehr gut und zudem muss man den Tyros-Lautsprechern ausgezeichnete Klangeigenschaften bescheinigen.

Wer Tyros ohne Lautsprecher transportiert, wird von dem sehr geringen Gewicht des Instruments begeistert sein. Mit ca. 12 kg gehört es zu den Leichtgewichten. 9000 Pro User wie ich es einer bin – oder war -, werden dieses Ausstattungsmerkmal zu schätzen wissen.

Ersatzlos gestrichen wurde bei Tyros die Sampling-Option, die SCSI-Schnittstelle und die Anschlussmöglichkeit einer Computertastatur. Letzteres hat mich etwas hart getroffen. Meine an mein 9000 Pro angeschlossene Tastatur habe ich mittlerweile lieb gewonnen. Man beschriftet schnell und sicher eigene Performances, Sounds und Songs, ohne sich die Finger auf dem Display wund zu drücken, und auf der Bühne schaltet man blitzschnell zwischen einzelnen Registration Memorys um. Tyros bietet diese Möglichkeit trotz USB-Anschluss nicht. Dieser wird zur direkten Verbindung zum Computer genutzt und das entschädigt wiederum, wie Sie weiter unten noch lesen werden.

Das zentrale Bedienelement, das Display, stellt seinen Inhalt nun in Farbe dar und ist zudem eine Ecke grösser, als das der Vorgänger. Das sieht nicht nur nett aus, sondern sorgt für eine Menge Übersicht bei der Bedienung.

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Wie klingt Tyros

Beim allerersten Ausprobieren war ich zunächst etwas enttäuscht. Das lag aber nicht an den Tyros-Klangeigenschaften, sondern vielmehr an der von Yamaha geschürten Erwartungshaltung.

Eigentlich rechnete ich damit nach dem ersten Tyros-Tastendruck mein 9000 Pro nie wieder anzufassen und dieses Instrument nur noch mit Verachtung zu strafen. Dem war nicht so. Auch Tyros kocht nur mit Wasser, wie sich aber dann noch herausstellte, mit besonders gutem.

Nachdem ich Tyros etwas intensiver gespielt hatte, vermochten mich die neuen Mega-Voices immer mehr zu überzeugen. Besonders die Begleitautomatik klingt eine Klasse besser als die der Vorgänger. Kein Wunder, unterstützen doch die Mega-Voices sehr stark die Instrumentengattungen Bass, Gitarre und Drums, welche die Hauptverantwortlichen in guten Styles sind. So gibt es Styles bei denen lediglich eine Akkustik-Gitarre schrammelt, und das klingt echt klasse. Auch die Panel-Sounds klingen im direkten Vergleich zu den Vorgängern frischer und transparenter.

Alles in allem hat Yamaha mit Tyros einen grossen Schritt in die richtige Richtung gemacht und zwar in Richtung Musiker. Wer sich mit Tyros beschäftigt, also das Style-, und Soundangebot sorgfältig durchhört und gezielt einsetzt, wird durch einen ausgezeichneten Gesamtklang belohnt. Und dieser stellt wirklich alles andere in den Schatten.

Natürlich wirken sich die besseren Klangeigenschaften von Tyros auch auf das Abspielen von Standard-MIDI-Files aus. Auch hier das Ergebnis: Mehr Transparenz, mehr Druck, einfach besser!

Wer jedoch das Letzte aus den Files herausholen will, sollte die neuen Sounds des Tyros auch dementsprechend einsetzen. So müssten die Dead-Notes, Hammer-On-Effekte und Ghost-Notes der Saitenfraktion in MIDI-File eingesetzt werden und das bedeutet Arbeit. Damit meine ich, dass MIDI-Files gezielt an die klanglichen Eigenschaften des Tyros angepasst werden sollten um entscheidend besser zu klingen. Das erreicht man nur über die Feinarbeit in einem Sequenzerprogramm.

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Die Bedienung

Tyros lässt sich über das grosse Farb-Display einfach und schnell bedienen. Vermisst habe ich – wie bereits erwähnt - den Anschluss für eine Computertastatur. Besonders im Bühneneinsatz konnte ich über diese schnell und sicher meine Einstellungen wechseln. Meine Angst, dieses mit Tyros nicht so zielsicher erledigen zu können, bestätigte sich zum Glück nicht. Das Umschalten der Registration Memorys und der dazugehörigen Bänke wurde sehr gut gelöst und lässt sich schnell und sicher über das Display steuern.

Der Sequenzer hat nun eigene Bedienelemente erhalten und wird unabhängig von Start/Stop der Begleitautomatik gesteuert. Weiterhin sind auch ein paar so wichtige Taster wie für das Vor- und Zurückspulen dazugekommen.

Neu ist die Möglichkeit in MIDI-Files Marker zu setzen. Damit werden bestimmte Songpositionen markiert und können auf Tastendruck von Tyros wiederholt werden. Sehr gut, somit ist die Zeit endlich vorbei, wo einem ein Playback den musikalischen Ablauf fest vorgegeben hat. Wollen Sie einen bestimmten Teil Ihres Playbacks wiederholen, weil die Tanzfläche gerade so voll ist, können Sie nun in den Ablauf eingreifen.

Viele Taster leuchten bei Tyros schön bunt. Das sieht nicht nur gut aus, sondern hilft bei schlechten Lichtverhältnissen dafür, nicht den falschen Taster zu erwischen. Grundsätzlich kann man sagen, dass sämtliche Bedienelemente logisch und in gewohnter Weise angeordnet sind. Das hilft nicht nur Einsteigern, sondern auch Umsteigern. Zu denen gehöre ich jetzt auch. Nachdem ich mit meinen Zeilen bis hierher gekommen war, stand der Entschluss fest: „Tyros muss her!"

Datenverwaltung

Tyros besitzt ein internes ca. 3 MB grosses Flash-RAM, welches sein Gedächtnis auch nach dem Ausschalten nicht verliert. In dieses lassen sich Songs (MIDI-Files), Styles, Registration Memorys und Systemdaten ablegen. Die 3 MB sind recht üppig und man kann einiges an Daten ablegen. Der Kauf einer optionalen Festplatte ist also zunächst nicht zwingend erforderlich. Wer aber mit sehr vielen Daten arbeitet (damit meine ich besonders Songs), sollte sich den Kauf einer Festplatte überlegen.

Ein Tipp: Es gibt neben der Festplatte, welche von Yamaha angeboten wird, auch Alternativen. So bietet die Firma Musitronics (siehe meinen Bericht über die USB Erweiterung für das 9000 Pro und PSR-9000) günstige und grosse Festplatten an. Ein Vergleich lohnt sich. Ehrlich gesagt: Für mich ist es unverständlich, dass ein Instrument in der Tyros-Preisklasse nicht in der Grundausstattung eine Festplatte bietet. Leider werden solche Erweiterungen immer noch als lukratives Zusatzgeschäft gesehen. Das ist aber bei anderen Herstellern auch so.

Tyros besitzt eine USB-Schnittstelle. Diese dient aber nicht nur der kostengünstigen MIDI-Verbindung zum Computer, sondern wird durch im Lieferumfang beiliegende Software genutzt. Mit dem Soundeditor bearbeitet man seine Tryos-Sounds am Computerbildschirm in Echtzeit. Das File-Utility-Programm ist ebenfalls eine feine Sache. Hiermit lassen sich fast alle Tyros-Daten vom Computer aus verwalten. MIDI-Files und Styles können direkt über den Computer kopiert und verwaltet werden und werden dann per USB an Tyros geschickt. Echt klasse! Aufgefallen ist mir lediglich, dass die Datenübertragung per USB sehr langsam ist. Die von mir getestete USB-Erweiterung von Musitronics arbeitet wesentlich schneller.

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Zusammenfassung

Meiner Meinung nach hat Yamaha mit Tyros in die richtige Richtung weiterentwickelt. Die Klangeigenschaften standen an erster Stelle und der Ehrgeiz der Yamaha-Entwickler schlägt sich tatsächlich in ausgezeichneten Sounds nieder. Tyros klingt einfach besser! Wir sind zwar mittlerweile klanglich dermassen verwöhnt, dass das "haut-mich-vom-Stuhl"-Gefühl ausbleiben dürfte, aber nach dem näheren Kennenlernen wird man die Klangeigenschaften von Tyros zu schätzen wissen.

Ich hoffe Ihnen mit diesem kurzem Bericht einen Überblick und einen Eindruck von Tyros verschafft zu haben. Natürlich sind noch längst nicht alle Features aufgezählt worden und der eine oder andere Leser vermisst vielleicht die Beurteilung bestimmter Bereiche. Aber ich wollte keinen Testbericht schreiben, sondern die Meinung eines Musikers über ein neues Instrument festhalten.

Christian Deinhardt

Nachtrag: Wir werden in Kürze auch das neue Technics KN-7000 auf den Prüfstand nehmen und hier auch einen Vergleich zu Tyros machen.

(Anderer Ansicht? Wunderbar! Aber behalten Sie die nicht für sich, sondern lassen Sie andere auch daran teilhaben. Für eine E-Mail-Replik zu diesem Artikel, klicken sie hier).

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